Wird das Stichwort „Katastrophe“ im Zusammenhang mit Archiven genannt, so wird den meisten Menschen der Einsturz des Kölner Stadtarchivs im März 2009 oder der Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar im September 2004 einfallen. Auch die großen Hochwasserereignisse der letzten Jahre, allen voran die Flutkatastrophe 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hatten den Verlust von einmaligem Kulturgut in zahlreichen (Kommunal-)Archiven zur Folge. Weit häufiger als zu solchen Katastrophen kommt es jedoch zu kleinen und mittelschweren Notfällen. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich dabei um Wasserschäden, von denen auch hessische Kommunalarchive regelmäßig betroffen sind. Die Ursachen für Wasserschäden können vielfältig sein. Sie reichen vom vergessenen Boiler-Zulauf über das Hochwasser des örtlichen Baches bis hin zum eingefrorenen und dann geplatzten Wasserrohr.
In Notfällen zeigt sich immer wieder, dass die Schäden umso geringer ausfallen, je besser zuvor für den Fall der Fälle geplant wurde. In NRW konnte 2021 ein Großteil des vom Hochwasser betroffenen Archivguts gerettet werden, da eine gut ausgebaute Notfall-Infrastruktur mit Notfallverbünden vorhanden war. Notfallplanung ist deshalb nicht nur ein Thema für Staatsarchive und große Stadtarchive, sondern auch genauso für mittlere und kleine Kommunalarchive - und sie ist eine Daueraufgabe, da Pläne und Wissen aktuell gehalten werden müssen.
Einige wichtige Aspekte einer guten Notfallplanung sind:
Risikoanalyse: Welche Risiken bestehen? Können Sie durch Baumaßnahmen, anlagentechnische Änderungen, Dienstanweisungen etc. minimiert oder ausgeschaltet werden?
Alarmplan: Wer muss im Notfall verständigt werden? (siehe auch Notfalltafel zum Download)
Helferschulung/Notfallübung: Wer übernimmt im Notfall welche Aufgabe?
Gerade in kleinen Einrichtungen mit wenigen Mitarbeitenden – von denen auch noch der eine oder die andere im Urlaub oder krank sein kann – ist neben der Schulung der Mitarbeitenden auch die präventive Kooperation mit externen Organisationen (Feuerwehr etc.) und Helfenden wichtig. Denn hauptamtliche Archivarinnen und Archivare gibt es nicht überall, eine Feuerwehr hat dagegen so gut wie jedes Dorf!
Bergungsorte definieren: In welche Ausweichdepots kann das geborgene Archivgut unterbracht werden?
Materialvorsorge: Ist für den Notfall das nötige Material (Notfallbox) vorhanden, um ohne Zeitverlust zu handeln? Sind Dienstleister (z. B. für Gefriertrocknung) bekannt?
Eine Erstversorgung mit Notfallmaterialien für die Kommunalarchive in Hessen unterstützen wir durch die Stationierung von Notfallboxen-Sets an verschiedenen Standorten. Welcher Standort für welches Kommunalarchiv der erste Ansprechpartner sein soll, finden Sie auf der Seite Notfallboxen.
Die beste Unterstützung im Notfall bietet die gegenseitige Hilfe in einem Notfallverbund, der aus verschiedenen Archiven und anderen Kultureinrichtungen einer Region bestehen kann. Notfallverbünde sind ein freiwilliger Zusammenschluss von Einrichtungen, die sich in einer Notfallvereinbarung zur Hilfe im Notfall und zu regelmäßigen Übungen verpflichten. Auch in Hessen wächst erfreulicherweise die Zahl der Notfallverbünde – gerne unterstützen wir Sie bei der Planung in Ihrer Region!