Magazinraum mit Regalen und Archivkartons

Der Magazinraum

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Wie in § 6 Abs. 3 HArchivG beschrieben, haben die öffentlichen Archive die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die dauernde Aufbewahrung, Erhaltung und Nutzbarkeit des Archivgutes sowie seinen Schutz vor unbefugter Nutzung oder Vernichtung sicherzustellen. Um das Archivgut in bestandserhalterischer Hinsicht angemessen aufzubewahren und die Sicherung vor fremdem Zugriff zu gewährleisten, sollte es in einem sauberen, klimatisch gut geeigneten und sicheren Raum untergebracht sein, dem Magazin.

Steht die Wahl eines Raumes an, sollte man sich folgende Fragen stellen:

Wie groß muss der Raum sein, damit das vorhandene sowie hinzukommende Archivgut seinen Platz findet?

Bei der Berechnung des Platzbedarfs ist zum einen das schon im Archiv befindliche Archivgut zu berücksichtigen, zum anderen sollte genug Reservefläche für die nächsten 15 Jahre eingeplant werden. Um den Zuwachs abzuschätzen, können die Übernahmen der letzten Jahre hochgerechnet werden. Dabei kann eine Auswertung der Aussonderungslisten helfen. Alternativ können die laufenden Registraturen und die Übernahmequote der Schätzung zugrunde gelegt werden. Die in der Literatur genannte Faustformel zur Berechnung lautet:

[Ist-Bestand des Archivs + 30 % der laufenden Registraturen und Altregistraturen] x 2 = Soll für 15 Jahre (Der Wert der Übernahmequote variiert nach Institution, hier 30% angenommen)

Werden Steh- oder Rollregale installiert?

Bei der Berechnung der Magazinfläche ist auch zu berücksichtigen, ob Steh- oder Rollregale aufgestellt werden sollen. Hierbei gelten folgende Formeln:

  • Standregale: Soll-lfm : 5 = Soll-m² Magazinfläche
  • Rollregale: Soll-lfm : 9 = Soll-m² Magazinfläche

Ein großer Vorteil einer Fahrregalanlage ist die höhere Lagerungskapazität. Unfallgefahr durch fahrende Wagen oder hohe Anschaffungs- und Einbaukosten sowie eventuelle Statikprobleme aufgrund der höheren Belastung pro m² sind die Nachteile.

Stand- und Fahrregale

Zunächst ist ein Magazin ausschließlich für die Aufbewahrung von Archivgut vorgesehen; es ist kein Abstellraum oder Lagerungsort für die aktuelle Registratur der Behörde. Auch die Einrichtung dauerhafter Arbeitsplätze ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes sowie aus bestandserhalterischer Sicht unbedingt zu vermeiden.

Die Lagerung von Schriftgut, verpackt in Archivkartons, erfolgt in Regalen; andere Archivaliengattungen wie Fotografien oder Karten und Pläne werden in speziellen Foto- oder Kartenschränken aufbewahrt. Bei der Auswahl von Regalen und Schränken sind Kriterien wie Material, Tragfähigkeit und Größe zu beachten. Die Größe eines Einrichtungsgegenstands ist zum einen nach der Beschaffenheit des Raumes, zum anderen nach den Anforderungen der Archivalien auszuwählen. Regale aus unbehandeltem Eisen können leicht rosten und eignen sich nicht zur Lagerung von Archivalien, auch Aufbewahrungsmöglichkeiten aus Holz sollten – nicht nur wegen der Feuergefahr – keinen Platz in einem Magazin finden. Empfehlenswert sind Regale mit einem pulverbeschichteten oder einbrennlackierten Überzug: Sie sind feuerfest, lassen sich gut reinigen und geben keine Schadstoffe an das Archivgut ab.

Um auch nach Einbau der Regale eine ausreichende Luftzirkulation zu gewährleisten und die Bildung von Schimmel zu vermeiden, sollten Standregale oder Rollregalanlagen nicht direkt an die Außenwand gestellt werden. Sinnvoll ist ein Mindestabstand von ca. 18–20 cm zwischen der Außenwand und dem Regal. Auch der Abstand zwischen der Decke und dem obersten Fachboden sowie dem Fußboden und dem untersten Fachboden ist relevant und sollte ca. 15 cm betragen. Generell sollte ausreichend Raum zur Verfügung stehen, um sich ungehindert zwischen den Regalen zu bewegen. Ein Hauptgang, der den Zutritt zu den einzelnen Regalreihen garantiert, hat in der Regel eine empfohlene Mindestbreite von 2,50 m. Die davon abgängigen Bediengänge können schmaler sein, sollten allerdings eine Breite von mind. 80 cm nicht unterschreiten.

Stand- und Fahrregale müssen eine große Last tragen können. Die Tragfähigkeit von Fachböden spielt daher eine große Rolle. Mit mindestens 80 kg/lfm muss ein Regalboden bei einer Fachtiefe von 40 cm belastbar sein.  Der Wert erhöht sich bei einer Fachbodentiefe von 60 cm auf 120–150 kg/lfm. Diese Werte verdeutlichen, dass ein Regal nicht nur schwer zu tragen hat, sondern bei voller Beladung plus Eigengewicht auch selbst sehr schwer ist. Daher ist ein besonderes Augenmerk auf die Deckenbelastbarkeit zu legen. Ein Statiker muss prüfen, ob der Boden mit 750–1250 kg (Standregale) und 1250–1500 kg (Fahrregal) pro Quadratmeter belastbar ist.

Je nach Raumgröße und den Raumverhältnissen ist der Einbau einer Platz sparenden Fahrregalanlage eine Überlegung wert. Abhängig von den Anordnungsmöglichkeiten und der Beschaffenheit des Raumes können Rollregale bis zur doppelten Kapazität von Standregalen aufnehmen, wenngleich sie in der Anschaffung teurer sind. Durch den Einsatz einer Fahrregalanlage besteht allerdings auch eine erhöhte Unfallgefahr. Um das Unfallrisiko zu minimieren, ist ein Freiraum von mind. 50 cm zwischen Fahrregal und einem Hindernis unabdingbar.

In welcher Lage befindet sich der Magazinraum?

Der Raum sollte sich in einem sicheren Areal befinden. Risikofaktoren sind Gebiete mit Flüssen und Bächen (Überflutung), Fabriken (Verschmutzung durch Abgase, Verunreinigungen, Gefahren von Explosionen), erhöhtem Ungezieferaufkommen und Militärstationen (Gefahr durch Angriffe).

Bietet die Räumlichkeit eine akzeptable Temperatur und Luftfeuchte?

Große Schwankungen sowie eine zu hohe oder niedrige Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit führen zu einer Schädigung des Archivguts: Es besteht die Gefahr der Schimmelbildung, der Abbau von Zellulose beschleunigt sich oder das Material wird spröde. Deshalb sollte vor Bezug des Magazins eine Klimamessung von ca. einem Jahr mittels eines Thermohygrographen oder Datenloggers erfolgen. Diese Geräte werden von der Archivberatung kostenfrei entliehen. Die Idealwerte liegen bei 14–18 °C und 30–55 % rF. Wichtiger als diese Werte ist ein konstantes Raumklima. Unbedingt zu vermeiden sind „Klimaschocks“; allmähliche, langfristige Schwankungen im Laufe der Jahreszeiten belasten das Archivgut hingegen vergleichsweise wenig.

Wie kann man ein konstantes Klima schaffen?

Die passive Klimatisierung durch natürliche Belüftung sowie geeignete Bauweise und Baustoffe sind empfehlenswerte Methoden, um konstante Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerte zu halten. Auch der Einbau einer Klimaanlage ermöglicht es, ein konstantes Klima zu halten (aktive Klimatisierung). Eine passive Klimatisierung ist vorzuziehen, da der Einsatz von Klimaanlagen aufgrund ihrer technischen Störanfälligkeit Nachteile wie Ausfälle oder Kosten zur Instandsetzung und Wartung mit sich bringt.

Ist die Belüftung eines Magazins notwendig?

Ja. Damit die Luft in einem Archivmagazin zirkulieren und ein Luftaustausch stattfinden kann, ist die Installation eines Belüftungssystems/einer raumlufttechnischen Anlage zu empfehlen. Wichtig hierbei ist der Einbau eines Luftfilters, damit keine Verschmutzungen oder Ungeziefer in das Magazin gelangen. Wenn die Möglichkeit eines Einbaus nicht gegeben ist und das Magazin Fenster hat, so kann dem Raum durch „intelligentes Lüften“ immer dann Frischluft zugeführt werden, wenn Außentemperatur und -luftfeuchtigkeit geeignet sind. Es ist jedoch zu bedenken, dass durch diese Lüftungsmethode allerlei Verschmutzungen und Tiere in das Magazin gelangen können.

Fällt Tages-/Sonnenlicht in das Magazin?

Der Einfall von Sonnenlicht ist für das Archivgut schädigend. In einem Archivmagazin sollten sich keine Fenster oder (Glas-)Türen befinden, durch die Tageslicht eindringt. Sind Fenster vorhanden, sollten sie verdunkelt oder mit UV-Folie beklebt werden.

Was ist bei der Beleuchtung beachten?

In einem Magazin, das nur zur Aufbewahrung von Archivgut vorgesehen ist, ist eine Beleuchtungsstärke von 200 Lux (am untersten Regalboden) zu empfehlen. Wenn sich dort Arbeitsplätze befinden gilt es die Regeln des Arbeitsschutzes zu beachten (ASR A3. 4). Prinzipiell sollte sich die Dauer der Beleuchtung auf das benötigte Minimum beschränken.

Welcher Fußbodenbelag ist geeignet?

Der Bodenbelag muss feucht und leicht zu reinigen sowie belastbar sein. Hierzu eignet sich ein Linoleumboden mit mindestens mittelbelastbarer Qualität oder ein Epoxidharzboden als 2-Komponentbeschichtung. Teppichboden und Böden mit rauen Oberflächen gehören nicht in ein Archivmagazin.

Befinden sich Wasserrohre im Raum?

Wasserrohre in einem Archivmagazinraum bedeuten eine große Gefahrenquelle und führen immer wieder zu Notfällen. Wenn eine Wasserleitung leckt oder gar platzt, kann ein enormer Schaden am Archivgut entstehen.

Ist eine ausreichende Sicherung der Türen (und Fenster) möglich?

Auch wenn in einem Magazin keine Fenster vorhanden sein sollten, lässt sich dies bei der Auswahl eines Raumes nicht immer vermeiden. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die Fenster und Türen ausreichend vor Einbrüchen gesichert sind. Die Anzahl der Personen, die Zugang zum Archiv haben, sollte außerdem streng begrenzt sein.

Ist der Boden im Magazin ausreichend tragfähig?

Die Bodentragfähigkeit sollte in jedem Fall von einem Statiker geprüft werden. Bei Standregalen beträgt die Last ca. 750–1250 kg/m² und bei Rollregalen ca. 1250–1560 kg/m². Dies sind aufgrund der unterschiedlichen Archivaliengattungen und Papierstärken allerdings nur Richtwerte.

Was muss ich beim Brandschutz beachten?

Beim Brandschutz ist zwischen baulichen und technischen Maßnahmen zu unterscheiden. Zu den baulichen Maßnahmen zählt die Einplanung von Fluchtwegen oder auch die Vermeidung von elektrischen Leitungen in den Magazinen. Der technische Brandschutz umfasst die Installation von Lösch- und Brandmeldeanlagen. Falls die Einrichtung einer Lösch- und Brandmeldeanlage nicht möglich ist, sollten neben dem Einbau von Brandmeldern in jedem Fall Feuerlöscher bereitstehen. Welche Maßnahmen zum Brandschutz gefordert sind, regelt die hessische Landesbauordnung. In der DIN 4102 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“ werden Baustoffe und Bauteile auf ihr Verhalten bei einem Feuer geprüft und in Baustoffklassen eingeteilt. Die örtliche Feuerwehr sollte in die Maßnahmenplanungen einbezogen werden.